Warum muss ich Steuern nachzahlen, wenn ich in Kanada non-resident bin?

Das ist die meist gestellte Frage während der Hauptsaison im taxback Service, wenn ich Kalkulationen für die kanadische Steuererklärung mache. Ich versuche es, so einfach wie möglich zu erklären.

Bei einem neuen Job muss jeder Arbeitnehmer die Steuerformulare für den Arbeitgeber ausfüllen. Sie heißen “TD1 – Personal Tax Credits Return”. Es gibt zwei. Ein Federal Formular und ein Formular für die jeweilige Provinz, wo du arbeiten wirst.

Der Arbeitgeber benötigt diese TD1-Formulare, um eine Vorstellung zu haben, wie viel Steuern sie vom Lohn abziehen sollen. Die Firma überweist dann die abgezogenen Steuern einfach als Vorauszahlung an dein Steuerkonto bei der Steuerbehörde. Die Lohnsteuern, die du abgezogen bekommst, sind also nur eine Anzahlung für das Steuerjahr.

Wenn du deine Steuererklärung abgibst, wird deine Steuersituation ausgewertet und es wird berechnet, ob du für das ganze Jahr genug Steuern gezahlt hast oder zu wenig bezahlt hast. Eine Überzahlung wird zurück erstattet und bei zu wenig abgezogenen Steuern musst du die Differenz nachzahlen.

Warum zieht der Arbeitgeber zu wenig Steuern ab?

Du darfst die Schuld gerne auf die Arbeitgeber schieben, weil sie ihren Mitarbeitern nicht beim Ausfüllen der Steuerformulare helfen. Jeder füllt aus, in der Annahme es wäre richtig. Jeder füllt diese Formulare als “resident for tax purposes” aus. So weiß der Arbeitgeber, dass er bei der Lohnabrechnung auch die vollen Freibeträge anrechnen soll. Ein weiteres Problem ist, dass die meisten Arbeitgeber sich nicht mit den Steuerregeln für “non residents” auskennen und gehen bei der gesamten Belegschaft als “resident” aus. 

Das Ergebnis: Es werden vom Lohn weniger Steuern abgezogen. 

Wie kommt dann die Nachzahlung zustande?

Eine Nachzahlung der Steuern als non-resident kommt nur dann vor, wenn man im Steuerjahr außerhalb Kanadas Einkommen hatte und die 90%-Regel nicht erfüllt. Es zählen alle Einkommensarten, sowie die 520-Euro-Minijobs und das Arbeitslosengeld 1. 

Die ausländischen Einnahmen vor/nach dem Kanada-Aufenthalt werden nicht in Kanada versteuert, sondern nur genommen, um zu berechnen, ob und wieviel Freibeträge in der Steuererklärung angerechnet werden dürfen. 

Die 90%-Regel besagt:

Um als non-resident Freibeträge anrechnen zu dürfen, muss das kanadische Einkommen mehr als 90% des gesamten Welteinkommens im Steuerjahr sein. Welteinkommen = Einnahmen in Kanada + Einnahmen aus dem Ausland.

  • Ist das Verhältnis 90%, dürfen die vollen Freibeträge angerechnet werden.
  • Ist das Verhältnis < 90%, dürfen die Freibeträge nicht angerechnet werden, und es entsteht meistens eine Nachzahlung der Steuern, weil zu wenig Steuern abgezogen wurden.

Non-resident Beispiel

Federal Freibetrag 2021 = $13,808

90%-Regel erfüllt!

Erlaubter Freibetrag: $13,808

90%-Regel nicht erfüllt!

Erlaubter Freibetrag: $0

Weil du ein non-resident warst: Dein Arbeitgeber hätte schon von vornherein von jedem pay slip mehr Steuern abziehen müssen, dann wäre dir von jedem pay slip zwar weniger Geld in der Tasche geblieben, aber es käme nicht zu einer hohen Nachzahlung. Die Nachzahlung tut dann natürlich in einem Betrag mehr weh, als kleinere Beträge von jedem pay slip, die dir nicht mal aufgefallen wären.

Einfaches Beispiel an einem typischen Work and Traveller Einkommen:

Du hast über die Monate in Kanada $15,000 verdient. Der Arbeitgeber hat $1,500 an Steuern abgezogen.

Hätte der Arbeitgeber statt $1,500 Steuern insgesamt $3,500 abgezogen, gäbe es keine Steuer-Nachzahlung.

Was passiert, wenn ich keine Steuererklärung abgebe?

Grundsätzlich ist man in Kanada zu einer Steuererklärung verpflichtet, wenn man Steuern nachzahlen muss. Ich als tax preparer darf dir nicht von einer Steuererklärung abraten. Es ist aber Jedem selbst überlassen, ob man sich an die Regeln hält oder nicht. Im schlimmsten Fall wirst du eine Aufforderung von der Steuerbehörde erhalten, dann hast du keine andere Wahl und musst die Steuererklärung abgeben und die Nachzahlung + Zinsen leisten. Diese Zinsen sind 5% des zu zahlenden Betrages + 1% pro Monat bis max. 12 Monate. Die Steuerbehörde kann auch mehr Zinsen verlangen, wenn die Steuererklärung sehr verspätet abgegeben wird (z.B. Jahre später).