Der Pay Check - Was steht euch zu?

Auf dieser Seite möchte ich gerne zum Thema “Gehalt in Kanada” ein paar wichtige Informationen loswerden.

Bei meinen Jobs arbeite ich gelegentlich mit vielen anderen Work and Travellers zusammen und es ist mir aufgefallen, dass sich viele mit dem Thema nicht auskennen und nicht wissen, was ihnen zusteht. Und ich habe echt das Gefühl, dass viele Work and Traveller von den Arbeitgebern ausgenutzt werden.

In diesem Beitrag gehe ich nur auf die Sachen ein, die einen typischen Work and Traveller betreffen, der normalerweise weniger als 1 Jahr bei einem Arbeitgeber arbeitet. 

Mindestlohn

Jede Provinz hat einen festen Mindestlohn, an die sich die Arbeitgeber halten müssen. Wenn ihr einen Job unter diesem Betrag angeboten bekommt, handelt der Arbeitgeber illegal und ihr solltet euch zweimal überlegen, ob ihr den Job annehmt.
Ihr seid als Work and Traveller in Kanada keine Sklaven! Für 2023 gelten folgende Mindestlöhne (Stand Oktober 2023) 

Der Lohnzettel

Jeder fest angestellte Arbeitnehmer hat ein Recht auf einen Lohnzettel. In Kanada heißt er pay check oder pay stub. Auf dem Lohnzettel werden die gearbeiteten Stunden, Überstunden, Zusatzzahlungen und alle Abzüge aufgeführt. Weigert sich der Arbeitgeber, einen Lohnzettel auszustellen, ist was ganz faul. Denn dann zieht er keine Steuern und Sozialabgaben ab und führt sie an die Steuerbehörde ab.

Die Positionen mit den 4 Haupteinnahmen  die auf einem pay check sind:

Pay - Overtime Pay - Vacation Pay - Holiday Pay

1. Pay

Das ist der normale Stundenlohn x Anzahl der Stunden

2. Overtime Pay

Wenn ihr über eine bestimmte Stundenanzahl die Woche arbeitet, habt ihr Anrecht auf Überstundenbezahlung. Auch hier hat jede Provinz eine eigene Regelung. Das ist im Normalfall 1.5 x vom Stundenlohn. Das heißt bei einem normalen Stundenlohn von $12 beträgt der Überstundenlohn $18. Hier die Übersicht mit den Überstunden für alle Provinzen:

Quelle: https://www.payworks.ca/payroll-legislation/Overtime.asp

3. Vacation Pay (Urlaubsgeld)

Jeder Arbeitnehmer (egal ob Stundenlohn oder Festgehalt, ob Teilzeit oder Vollzeit) hat Anspruch auf Urlaubsgeld. Man muss nur mindestens 5 Tage beim Arbeitgeber gearbeitet haben.

Das Urlaubsgeld liegt im ersten Jahr bei 4% vom Bruttolohn (außer in Saskatchewan, da gibt es 6%). Es gibt drei Möglichkeiten, wie diese 4% ausgezahlt werden.

  • Es wird angesammelt und am Ende des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt. 
  • Es wird angesammelt und vor dem Urlaub ausbezahlt. 
  • Es wird sofort mit jedem pay check bezahlt.

Gesetzlicher Anspruch auf Urlaub: 2 Wochen nach 12 Monaten Angestelltenverhältnis. Den bezahlten Urlaub wie man ihn aus Deutschland kennt, gibt es in Kanada nicht. Diese 4% während der Arbeit sind die Urlaubszahlung. Das bedeutet, wenn man dann Urlaub nimmt, hat man während des Urlaubes kein Einkommen.Man muss sich die 4% selbst ansparen.

Bei Arbeitnehmern mit einem festen Monatsgehalt ist es üblich, die 4% anzusammeln und als Lohn während des Urlaubs weiter zu zahlen.

Was viele nicht wissen: Wenn das Urlaubsgeld angesammelt wird, wird es im pay check in einer extra Spalte auftauchen. Diese heißt „Vacation owed“ oder “Vacation accrued”.

Wenn ihr länger bei einem Arbeitgeber seid und sich einiges schon angesammelt hat und wenn ihr mal etwas extra Geld braucht, sagt eurem Arbeitgeber er soll euch einen Teil von eurem Urlaubsgeld auszahlen. Den Betrag könnt ihr bestimmen. Man muss mit der Auszahlung des Urlaubsgeldes nicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses warten.

4. Holiday Pay (Feiertage)

In Kanada gibt es 9 gesetzliche Kanadaweite (federal) Feiertage und ein paar wenige provinzabhängige (provincial) Feiertage, die jeder Arbeitnehmer bezahlt bekommt, auch wenn man zu Hause bleibt und frei hat. Wer sogar an dem Feiertag arbeitet, bekommt 1.5mal Stundenlohn bezahlt. Ausnahme sind ein paar Berufe, wie z.B. Berufe die nur Provision erhalten und Bauarbeiter. Hier die Feiertage für gesamt Kanada:

Quelle: Payworks 

Wichtige Voraussetzungen!

Holiday Pay wird berechnet, je nachdem, wie lange man bei dem Arbeitgeber gearbeitet hat und viel man in den Wochen vor dem Feiertag verdient hat. Achtung, “Reguläres Gesamteinkommen” beinhaltet keine Überstundenzahlungen. Ausgenommen von dieser Regelung sind in der Welt der Work and Traveller z.B. Managers und Farmarbeiter. Hier die Regeln für die Hauptprovinzen AB, BC, Ontario, wo 99% aller Work and Traveller leben und arbeiten.

In BC muss man
30 Kalendertage bei dem Arbeitgeber angestellt sein
und davon 15 Tage gearbeitet haben.

Formel:

Reguläres Gesamteinkommen der letzten 30 Kalendertage geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage.

Mehr Info zu BC >>hier<<

In Alberta muss man mindestens 30 Tage für den Arbeitgeber gearbeitet haben.

Einfache Formel:

Reguläre Gesamteinkommen der letzten 4 Wochen  geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage.

Mehr Info zu AB >>hier<<

In Ontario muss man mindestens 30 Tage für den Arbeitgeber gearbeitet haben.

Einfache Formel:

Reguläre Gesamteinkommen der letzten 4 Wochen  geteilt durch 20.

Mehr Info zu ON >>hier<<

Was ich persönlich bei vielen Work and Travellers erlebt habe.

Da viele Arbeitgeber wissen, dass Work and Traveller sich mit diesen Regeln nicht auskennen, zahlen sie diese Feiertage nicht und sparen sich Geld. Aber für euch ist das viel Geld. Wenn ihr also länger angestellt seid und die o.g. Tage nicht bezahlt bekommen habt, wehrt euch. Das Geld steht euch zu. Sprecht mit dem Arbeitgeber und fragt, warum ihr das nicht bezahlt bekommen habt.

Wenn er nicht kleinbei gibt, droht mit einer Beschwerde weil er den Employment Standards Code nicht eingehalten hat. Eine gute Übersicht vom Employment Standards aller Provinzen findet ihr >>hier<<.

Record of Employment

Wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, euch innerhalb von 5 Arbeitstagen einen “Record of Employment” auszustellen. Das ist der Beschäftigungsnachweis und darin ist der Zeitraum festgehalten von wann bis wann ihr bei dem Arbeitgeber gearbeitet habt und was ihr insgesamt verdient habt.

Dieses ist ein wichtiges Dokument, denn damit könnt ihr zu Hause in Deutschland bei der Deutschen Rentenversicherungsanstalt die gearbeitete Zeit für die Rentenversicherung anrechnen lassen und damit Lücken in der Versicherungszeit verkleinern. Auch wenn es nur ein paar Monate waren, kann es sich am Ende wenn ihr in Rente geht auswirken. Jeder Monat zählt. Bewahrt dieses Dokument also sorgfältig auf. 

Mehr dazu hier in einem extra Beitrag zum Thema “Warum zahle ich CPP (Rentenversicherung)?” 

Disclaimer: Ich bin kein Anwalt im Gehaltsrecht. Ich habe diese Informationen von den Seiten der Provinzen zusammengetragen und die bereitgestellten Infos dienen ausschließlich zu Informationszwecken. Sie dürfen nicht als Quelle der Rechtsberatung verwendet werden. Es ist wichtig, dass ihr versteht, dass diese Infos Grundinformationen sind, da ich das Thema nur an der Oberfläche angekratzt habe und mich dabei auf die Situation eines durchschnittlichen Work and Travellers beziehe.