Der kanadische 'Paycheck'
Dein Lohnzettel & Rechte als Work & Traveller
Auf dieser Seite möchte ich einige wichtige Informationen zum Thema „Gehalt in Kanada“ mit dir teilen.
Während meiner Jobs habe ich oft mit anderen Work and Travellern zusammengearbeitet und dabei festgestellt, dass viele sich mit dem Thema Gehalt, Rechte und Ansprüche kaum auskennen – oder sogar gar nicht wissen, was ihnen eigentlich zusteht. Leider habe ich den Eindruck, dass manche Arbeitgeber diese Unwissenheit gezielt ausnutzen, indem sie zum Beispiel Mindestlöhne unterschreiten oder wichtige Zahlungen wie Überstunden- oder Feiertagsvergütung nicht leisten.
Gerade für Work and Traveller, die meist nur für kurze Zeit bei einem Arbeitgeber arbeiten, ist es deshalb umso wichtiger, die eigenen Rechte zu kennen und sich zu informieren.
In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf Aspekte, die vor allem für typische Work and Traveller relevant sind – also für diejenigen, die meist weniger als ein Jahr bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind. Ich möchte dir damit helfen, besser zu verstehen, worauf du achten musst, damit du fair bezahlt wirst und deine Ansprüche durchsetzen kannst.
Der Lohnzettel

Jeder fest angestellte Arbeitnehmer in Kanada hat das Recht auf einen Lohnnachweis – dieser wird Paycheck oder genauer Pay Stub genannt. Auf diesem Dokument sind wichtige Informationen wie gearbeitete Stunden, Überstunden, Zuschläge sowie alle Abzüge (z. B. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) aufgeführt.
Achtung: Wenn sich ein Arbeitgeber weigert, dir einen Pay Stub auszuhändigen, ist Vorsicht geboten. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass keine Abgaben an die Steuerbehörde geleistet werden – und das ist illegal.
Viele Arbeitgeber umgehen ihre Pflichten, indem sie dich als sogenannten Contractor bezahlen – also nicht offiziell anstellen. Dadurch entgehen dir wichtige Zahlungen wie Urlaubs- oder Feiertagsgeld, aber auch andere gesetzliche Ansprüche.
Ich habe dazu einen extra Beitrag geschrieben. > Schau gern mal hier rein.
Die vier wichtigsten Einnahmepositionen, die in einem Vertrag festgehalten werden sollten:
- Regular Pay – Bezahlung für regulär geleistete Stunden
- Overtime Pay – Bezahlung für Überstunden (oft 1,5-facher Stundenlohn)
- Vacation Pay – gesetzlicher Urlaubsanspruch, meist 4% des Bruttogehalts
- Holiday Pay – gesetzlicher Anspruch auf bezahlte Feiertage
1. Regular Pay und Mindestlohn
Dein Lohn wird ganz einfach berechnet: dein Stundenlohn × die Anzahl der gearbeiteten Stunden.
In jeder kanadischen Provinz gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn, an den sich alle Arbeitgeber halten müssen. Dieser liegt je nach Provinz unterschiedlich hoch und wird regelmäßig angepasst. Wenn dir ein Job angeboten wird, bei dem der Stundenlohn unter dem Mindestlohn liegt, handelt der Arbeitgeber illegal – und du solltest dir gut überlegen, ob du diesen Job wirklich annehmen willst.
Viele Work and Traveller wissen leider nicht, wie hoch der aktuelle Mindestlohn in ihrer Provinz ist – und genau das nutzen manche Arbeitgeber aus. Besonders in Bereichen wie Nanny (oder Au Pair), Gastronomie, Landwirtschaft oder Housekeeping versuchen einige, weniger zu zahlen, als sie eigentlich müssten.
Achte daher unbedingt darauf, was in deinem Arbeitsvertrag oder bei der Einstellung vereinbart wird. Wenn du dir unsicher bist, informiere dich auf den offiziellen Seiten der Provinz – oder sprich mit anderen Work and Travellern über ihre Erfahrungen.
Auch als Work and Traveller hast du Rechte – du bist nicht in Kanada, um ausgenutzt zu werden! Du arbeitest hart und hast genauso Anspruch auf faire Bezahlung wie jeder andere. Lass dich nicht einschüchtern, nur weil du aus dem Ausland kommst oder nur für eine begrenzte Zeit da bist. Faire Bezahlung ist dein gutes Recht.

2. Overtime Pay (Überstunden)
Wenn du in einer Woche mehr als eine bestimmte Anzahl an Stunden arbeitest, hast du in Kanada Anspruch auf Überstundenbezahlung. Die genaue Grenze, ab wann Überstunden zählen, ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich – meistens liegt sie bei mehr als 40 oder 44 Stunden pro Woche.
Dann bekommst du für jede Überstunde das 1,5-Fache deines normalen Stundenlohns. Das nennt man auch „Time-and-a-half“.
Wichtig: Die Überstundenvergütung ist gesetzlich geregelt. Wenn dir ein Arbeitgeber keine höhere Bezahlung für Überstunden anbietet, obwohl du über der Grenze liegst, verstößt er gegen das Arbeitsrecht. Viele Work and Traveller wissen das nicht – und genau deshalb zahlen manche Arbeitgeber nur den normalen Stundenlohn weiter. Das ist nicht erlaubt.
Es gibt auch Unterschiede zwischen den Provinzen, ob Überstunden pro Woche oder pro Tag berechnet werden. In British Columbia zum Beispiel bekommst du schon Überstunden bezahlt, wenn du mehr als 8 Stunden an einem Tag arbeitest – selbst wenn du insgesamt nicht über 40 Wochenstunden kommst.
- Nicht jeder Job ist überstundenpflichtig. Es gibt bestimmte Ausnahmen, z. B. für Manager oder landwirtschaftliche Arbeitskräfte.
- In manchen Betrieben kann es sein, dass Überstunden durch Freizeitausgleich („time off in lieu“) abgegolten werden. Dieses muss aber vorher vereinbart werden.
Wenn du Überstunden machst, dann notiere sie dir genau – und kontrolliere deinen Pay Stub, ob du sie auch wirklich korrekt bezahlt bekommst, oder richtig angesammelt werden.
Z.B. in BC gelten folgende Regeln:
- Überstunden ab 8 Stunden pro Tag werden mit 1,5-fachem Lohn (Time-and-a-Half) bezahlt.
- Überstunden ab 12 Stunden pro Tag werden mit doppeltem Lohn (Double Time) bezahlt.
Konkretes Beispiel für BC: Arbeitest du 10 Stunden am Tag, dann bekommst du 8 Stunden zum regulären Stundenlohn + 2 Stunden zum Überstundensatz (1,5-facher Stundenlohn).
Noch ein Beispiel für BC:
Regulärer Stundenlohn: $20
Arbeitszeit: 14 Stunden an einem Tag
Gesamtverdienst $360 aufgeteilt in:
- 8 Stunden normal 8 × $20 = $160
- 4 Stunden Time-and-a-Half (ab Stunde 9 bis 12) 4 × $30 = $120
- 2 Stunden Double Time (alles über 12 Stunden) 2 × $40 = $80
3. Vacation Pay (Urlaubsgeld)
Egal ob du auf Stundenbasis oder mit Festgehalt, in Teilzeit oder Vollzeit arbeitest – du hast Anspruch auf Urlaubsgeld, sobald du mindestens 5 Tage für deinen Arbeitgeber gearbeitet hast.
Im ersten Jahr beträgt das Urlaubsgeld 4 % deines Bruttolohns. Diese 4 % können auf drei verschiedene Arten ausgezahlt werden:
- Am Ende des Arbeitsverhältnisses – das Urlaubsgeld wird gesammelt und zum Schluss ausgezahlt.
- Vor dem Urlaub – es wird angesammelt und vor dem geplanten Urlaub ausgezahlt.
- Mit jedem Paycheck – du bekommst die 4 % direkt mit deinem normalen Lohn ausgezahlt.
4. Holiday Pay (Feiertage)
In Kanada gibt es jede Menge bezahlte gesetzliche (federal) Feiertage und zusätzlich gibt es in manchen Provinzen noch einige regionale (provincial) Feiertage.
An diesen Feiertagen hast du in der Regel frei – und bekommst trotzdem deinen Lohn.
Falls du an einem Feiertag arbeitest, steht dir ein 1,5-facher Stundenlohn zu.
Wichtig: Es gibt Ausnahmen!
Das sind die Jobs auf dem Bau, Manager, Farmarbeiter, Verkäufer auf Provisionsbasis. Es lohnt sich also, genau nachzufragen.
Hier die Daten der Feiertage in Kanada aus > dieser Quelle <
- New Year – Wednesday, January 1, 2025
- Good Friday – Friday, April 18, 2025
- Easter Monday – Monday, April 21, 2025
- Victoria Day – Monday, May 19, 2025
- Saint-Jean-Baptiste Day – Tuesday, June 24, 2025 (Quebec only)
- Canada Day – Tuesday, July 1, 2025
- Civic Holiday – Monday, August 4, 2025 (excluding Quebec)
- Labour Day – Monday, September 1, 2025
- National Day for Truth and Reconciliation – Tuesday, September 30, 2025
- Thanksgiving Day – Monday, October 13, 2025
- Remembrance Day – Tuesday, November 11, 2025
- Christmas Day – Thursday, December 25, 2025
- Boxing Day – Friday, December 26, 2025
Wichtige Voraussetzungen!
Wie viel Holiday Pay du bekommst, hängt davon ab, wie lange du schon beim Arbeitgeber beschäftigt bist und wie viel du in den Wochen vor dem Feiertag verdient hast.
Wichtig:
Für die Berechnung zählt nur dein reguläres Einkommen – Überstunden werden dabei nicht berücksichtigt.
Für die aktuellsten und genauen Informationen schau am besten in den verlinkten offiziellen Quellen nach.
BC
30 Kalendertage bei dem Arbeitgeber angestellt und davon 15 Tage gearbeitet.
Formel:
Reguläres Gesamteinkommen der letzten 30 Kalendertage geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage.
Mehr Info zu BC >>hier<<
Beispiel:
- Du hast in den letzten 30 Tagen insgesamt $2.250 verdient
- Du hast an 15 Tagen gearbeitet
- Holiday Pay = $2.250 ÷ 15 = $150
- Du bekommst also $150 Holiday Pay
Alberta
Mindestens 30 Tage für den Arbeitgeber gearbeitet.
Formel:
Reguläres Gesamteinkommen der letzten 4 Wochen geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage.
Mehr Info zu AB >>hier<<
Beispiel:
- Du hast in den letzten 4 Wochen vor dem Feiertag $2.000 brutto verdient
- Du hast in dieser Zeit an 20 Tagen gearbeitet
- Dann bekommst du für den Feiertag: $2.000 ÷ 20 = $100
Ontario
Mindestens 30 Tage für den Arbeitgeber gearbeitet.
Beispiel:
- Du hast in den letzten 4 Wochen vor dem Feiertag $2.400 brutto verdient
- Dann bekommst du $2.400 ÷ 20 = $120 Holiday Pay
Was ich persönlich bei vielen Work and Travellers erlebt habe:
Viele Arbeitgeber wissen, dass sich viele Work and Traveller mit den Regeln rund um Feiertagszahlungen nicht auskennen. Deshalb zahlen sie oft kein Holiday Pay und sparen sich so Geld. Aber für dich sind diese Zahlungen wichtig und können eine ordentliche Summe ausmachen.
Wenn du also länger bei einem Arbeitgeber arbeitest und kein Vacation Pay oder Holiday Pay bekommst, solltest du dich unbedingt wehren. Dieses Geld steht dir rechtlich zu!
Sprich deinen Arbeitgeber direkt darauf an und frage, warum du diese Extras nicht bekommen hast.
Wenn der Arbeitgeber sich weigert, dir das zu zahlen, kannst du mit einer Beschwerde drohen, weil er den Employment Standards Code nicht einhält.
Wende dich an die Behörden, wenn du mit dem Arbeitgeber Probleme hast.
Das Employment Standards (auf Deutsch etwa: Arbeitsrechtsbehörde) ist in jeder kanadischen Provinz eine gesetzliche Regelung, die deine Rechte als Arbeitnehmer schützt. Eine Übersicht der Employment Standards für alle Provinzen/Territorien:
Record of Employment
Wenn dein Arbeitsverhältnis endet, ist dein Arbeitgeber verpflichtet, dir innerhalb von 5 Arbeitstagen einen sogenannten Record of Employment (ROE) auszustellen.
Der ROE ist eine offizielle Bestätigung deiner Beschäftigung in Kanada. Er enthält wichtige Informationen wie:
- den Zeitraum, in dem du gearbeitet hast,
- wie viele Stunden du insgesamt gearbeitet hast,
- und wie viel du dabei verdient hast.
Viele Arbeitgeber laden ihn direkt elektronisch bei Service Canada hoch. Du kannst den ROE dann online auf deinem My Service Canada Account einsehen und herunterladen. Für dieses Account solltest du dich registrieren, solange du noch eine gültige SIN hast.
Falls dein Arbeitgeber dir keine Kopie vom ROE gibt oder sich weigert, wende dich an Service Canada – sie können dir weiterhelfen.
Dieses Dokument ist sehr wichtig für dich!
Denn damit kannst du in Deutschland bei der Deutschen Rentenversicherung deine kanadische Arbeitszeit anerkennen lassen. So kannst du Lücken in deiner Versicherungszeit schließen – auch wenn es nur ein paar Monate waren. Jeder Monat zählt, wenn es um deine Rente geht.
Bewahre den ROE also unbedingt gut auf!
Mehr Informationen dazu findest du in meinem separaten Beitrag: “Warum zahle ich CPP (Rentenversicherung)?”
Employment Insurance Benefits
Das gehört zwar nicht direkt zu deinem Gehalt, steht aber im Zusammenhang mit deinem Job – deshalb erwähne ich es kurz. Viele Work and Traveller wissen das nicht:
Wenn du deinen Job verlierst – zum Beispiel durch eine Kündigung oder weil dein befristeter Vertrag (etwa am Saisonende) ausläuft – kannst du in Kanada Arbeitslosengeld beantragen. Dieses nennt sich Employment Insurance (EI) Benefits.
Wichtig: Um EI zu beantragen, brauchst du unbedingt das oben genannte ROE (Record of Employment). Ohne dieses Dokument wird dein Antrag nicht bearbeitet.
Um Anspruch auf EI zu haben, musst du bestimmte Voraussetzungen erfüllen – zum Beispiel eine Mindestanzahl an gearbeiteten Stunden in den letzten 52 Wochen. Das Arbeitslosengeld unterstützt dich finanziell, während du nach einem neuen Job suchst.
Die Infos gibt es hier auf der Seite der Regierung.
Wichtig: Wenn du selbst kündigst, hast du normalerweise keinen Anspruch auf EI.
Es gibt aber Ausnahmen – zum Beispiel, wenn du aus einem wichtigen Grund kündigst. Einige Beispiele:
Belästigung oder Mobbing: Wenn du am Arbeitsplatz sexueller Belästigung oder anderem Missbrauch ausgesetzt bist und keine Unterstützung vom Arbeitgeber erhältst, kannst du unter bestimmten Umständen Anspruch auf EI haben.
Unbezahlte Überstunden: Wenn du regelmäßig mehr arbeitest als vertraglich vereinbart und dein Arbeitgeber diese Überstunden nicht bezahlt, kann dies einen wichtigen Grund darstellen.
Nicht eingehaltene Arbeitsbedingungen: Wenn dein Arbeitgeber wesentliche Bedingungen deines Arbeitsvertrags nicht einhält, wie z.B. nicht gezahlte Löhne oder falsche Arbeitszeiten, kann dies als “wichtiger Grund” für eine Kündigung gelten.
Viel mehr Infos gibt es > hier auf der Seite der Regierung <
Disclaimer: Ich bin kein Anwalt im Bereich Arbeits- oder Gehaltsrecht. Die hier bereitgestellten Informationen habe ich aus offiziellen Quellen der Provinzen zusammengetragen und stelle sie ausschließlich zu Informationszwecken bereit. Sie ersetzen keine rechtliche Beratung. Diese Angaben geben nur grundlegende Hinweise, da ich das Thema nur oberflächlich behandle und mich auf die typische Situation eines durchschnittlichen Work and Travellers beziehe.