Doppelbesteuerungsabkommen (Tax Treaty)

Zur Erstellung dieses Beitrages habe ich Informationen aus unterschiedlichen Links zum Thema Steuern in Kanada zusammengestellt. Wie in allen meinen Blog-Beiträgen, versuche ich, unnötige Informationen wegzulassen, und versuche nur auf die Situation der Work and Traveller einzugehen.

Wer sich das ganze “Income Tax Folio S5-F1-C1” (zur Bestimmung ob man resident for tax purposes oder non-resident ist) anschauen und durchlesen möchte…. >> hier <<

Der erste Begriff, der auf euch zutrifft ist die Art der Einkünfte. Als Work and Traveller seid ihr meistens bei einem Unternehmen angestellt, ihr bezieht also “Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG)”

Grundsätzlich ist es so, dass wenn man in zwei Ländern sein Geld verdient, halten beide Länder die Steuerhand auf. In einem Land ist man unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und im anderen dann beschränkt einkommensteuerpflichtig.

Diese folgenden Informationen beschäftigen sich gleichzeitig mit der allgemeinen Frage, ob man in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder beschränkt einkommensteuerpflichtig ist.

Damit man nicht in beiden Ländern zur Kasse gebeten wird, wurde mit vielen Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart. Ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist also ein Abkommen zwischen zwei Ländern, das bestimmt, welches der beiden Länder die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit besteuern darf.

Unter dem kanadischen Einkommensteuersystem ist die Steuerpflicht in Kanada abhängig vom Aufenthaltsstatus „resident“ oder „non-resident“. Der Aufenthaltsstatus wird von Fall zu Fall bestimmt, und es müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, wie z.B. Wohnverbindungen (residential ties), den Zweck und die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes, und die Verbindungen zum Heimatland.

Um den Aufenthaltsstatus zu ermitteln, müssen alle relevanten Fakten in Betracht gezogen werden. Es gibt zwei Arten: primäre oder sekundäre Wohnverbindungen.

1. Primäre Wohnverbindungen zu Kanada:

  • Wohnung in Kanada
  • Lebenspartner in Kanada
  • Kinder in Kanada

2. Sekundäre Wohnverbindungen zu Kanada:

  •  persönliches Eigentum in Kanada, wie zum Beispiel Möbel oder Kleidung;
  • soziale Bindungen in Kanada, wie z.B. Mitgliedschaften in kanadischen Sportgemeinschaften;
  • kanadische Bankkonten oder Kreditkarten;
  • kanadischer Führerschein;
  • ein in Kanada zugelassenes Fahrzeug;
  • einen kanadischen Pass;
  • Krankenversicherung mit einer kanadischen Provinz oder Territorium.

Da eine Person eine Wohnung in mehr als einem Land haben kann, ist es möglich, ansässig („resident“) in zwei Ländern zur gleichen Zeit zu sein. Man kann ein sogenannter „dual resident“ sein. Dies kann vorschreiben, dass die Steuererklärung in beiden Ländern abgegeben werden müsste.

Um dieses Problem zu vermeiden, hat Kanada Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Ländern vereinbart, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Diese Verträge enthalten “Kollisionsregeln” (tie-breaker rules), die das Problem des Wohnsitzes lösen, wenn eine Person in beiden Ländern resident ist. Die Regeln sorgen dafür, dass die Person nur einen Wohnsitz in einem der Länder hat, und in nur einem Land steuerpflichtig wird.

Es ist nicht möglich, in zwei Ländern unbeschränkt steuerpflichtig zu sein.

Bei diesen tie-breaker rules werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, um die Aufenthalts-Frage zu lösen, und zu bestimmen, wo man unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.

Genau in der unten aufgelisteten Reihenfolge werden die Punkte geprüft, bis feststeht, wo man unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Grundsätzlich gilt in Deutschland nach §1 EStG: “Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.”

1. Ständiger Wohnsitz

Im Art. 4, (1) a) vom Doppelbesteuerungsabkommen ist festgelegt, dass man in dem Staat ansässig und unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, wo man seinen ständigen Wohnsitz hat. Ein Wohnsitz ist eine Wohnung, die sich in deinem Besitz befindet und über die du auch verfügen kannst.

Was heißt das auf Juristendeutsch?

Wenn du aus Deutschland wegziehst und aus der Wohnung komplett ausziehst, den Mietvertrag kündigst oder die Wohnung vermietest, dann hast du keinen Ort mehr, an den du jederzeit zurückkehren kannst. Und damit hast du auch keinen Wohnsitz mehr.

In einem solchen Fall bist du in Deutschland beschränkt steuerpflichtig und musst nur das in Deutschland erhaltene Einkommen versteuern. Du musst dann eine Einkommensteuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige abgeben.

Behältst du aber die Wohnung und vermietest du sie nicht, hast du den Schlüssel dazu, also hast du immer noch einen Wohnsitz.

Es ist egal, ob du dich bei den Behörden abgemeldet hast. Die Abmeldung bei den Behörden dient zwar als Abmeldung beim Finanzamt, jedoch ist diese kein Nachweis, dass du den ständigen Wohnsitz aufgegeben hast. Zur Info: Ein Zweitwohnsitz zählt genauso wie ein Erstwohnsitz.

Weiterer Punkt zu beachten:
Wenn du während des Kalenderjahres nach Kanada ziehst und sozusagen in Deutschland von
unbeschränkter zur beschränkter Steuerpflicht wechselst, werden nur die inländischen Einkünfte wie bei unbeschränkter Steuerpflicht besteuert (§ 2 Abs. 7 EStG).

Dazu musst du in der deutschen Steuererklärung im Mantelbogen Seite 4 im Abschnitt “Nur bei zeitweiser unbeschränkter Steuerpflicht” Angaben zu den Einkünften und Aufenthaltszeiten im Inland machen. Die ausländischen Einkünfte aus der Zeit der beschränkten Steuerpflicht werden dann nicht in Deutschland versteuert, sondern nur in den Progressionsvorbehalt einbezogen.

2. Mittelpunkt der Lebensinteressen

Hat man in beiden Ländern einen Wohnsitz, muss der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Betracht gezogen werden. Dieser Test erfordert eine genaue Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verbindungen mit jedem Land, um festzustellen, mit welchem Land diese Verbindungen näher sind.

Kurz gesagt: Der Lebensmittelpunkt ist an dem Ort, an den man persönlich gebunden ist (z.B. Familie und soziale Beziehungen).

Im Art. 4, (2) a) im Doppelbesteuerungsabkommen steht:

Die Person gilt nur als in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie nur als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen)

3. Gewöhnlicher Aufenthalt

Der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo für man sich mehr als 6 Monate (183 Tage) im Kalenderjahr aufhält.

Es ist egal, welche Staatsangehörigkeit man hat. Bei einem “gewöhnlichen Aufenthalt” muss man keinen Wohnsitz oder keine Wohnung haben, sondern es reicht, dass man sich tatsächlich im Land aufhält.

Nehmen wir ein Beispiel:
Wenn ihr keine Wohnung habt, sondern 7 Monate nur im Auto oder in Hotels/Hostels schlaft, ist die Regel nach dem gewöhnlichen Aufenthalt erfüllt, und ihr seid in dem jeweiligen Land steuerpflichtig.

Im Art. 4, (2) b) vom Doppelbesteuerungsabkommen steht:

Kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie nur als in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Gemäß §9 Abgabenordnung:

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; […]

4. Staatsangehörigkeit

Normalerweise ist schon nach der Prüfung nach dem gewöhnlichen Aufenthalt klar, wo man unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, und damit steht fest, wo man das Einkommen versteuern muss.

Wenn aber auch der gewöhnliche Aufenthalt in beiden Ländern gleichzeitig gegeben ist, wird man in dem Land ansässig sein, wo man seine Staatsangehörigkeit hat.

Im Art. 4, (2) c) im Doppelbesteuerungsabkommen steht:

Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie nur als in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;

5. Zuständige Behörden

Soweit sollte es bei euch Work and Travellern nicht kommen, aber ich erwähne es der Vollständigkeit halber….

Sollte man zwei Staatsbürgerschaften haben, liegt die letzte Instanz bei den zuständigen Behörden, die versuchen, im gegenseitigen Einvernehmen die Frage der Ansässigkeit zu klären.

Im Art. 4, (2) d) im Doppelbesteuerungsabkommen steht:

ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so regeln die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Frage in gegenseitigem Einvernehmen.

Gerne gibt das internationale Steuerbüro Auskunft über die Einstufung als “resident” oder “non-resident”.

Telefonnummer aus Kanada: 1-800-959-8281
Telefonnummer aus dem Ausland: 1-613-940-8495

Das gesamte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Kanada könnt ihr auf der Seite des Bundesministeriums der Finanzen herunterladen. Gebt dort den Suchbegriff „Doppelbesteuerungsabkommen Kanada“ ein. Oder hier als PDF