Doppelbesteuerungsabkommen

(Tax Treaty) Kanada–Deutschland

Hinweis: Die folgenden Informationen sind bewusst stark vereinfacht dargestellt. Jeder Deutsche, der in Kanada Steuern zahlen muss, sollte unbedingt das Doppelbesteuerungsabkommen prüfen oder professionellen Rat einholen. Wie in all meinen Beiträgen auf dieser Website konzentriere ich mich auf das Wesentliche und erkläre nur das, was für Work and Traveller wirklich relevant ist.

Das gesamte Tax Treaty zwischen Kanada und Deutschland findest du > hier < auf der Website der kanadischen Regierung. 

Grundsätzlich gilt: Wenn du in zwei Ländern Geld verdienst, wollen beide erst einmal Steuern von dir haben. In einem Land bist du “unbeschränkt steuerpflichtig” (also voll steuerpflichtig), im anderen nur “beschränkt” (weil du dort nur vorübergehend Einkommen erzielst).

Damit du aber nicht doppelt zur Kasse gebeten wirst, gibt es zwischen vielen Ländern ein sogenanntes Doppelbesteuerungsabkommen (Tax Treaty). Dieses Abkommen regelt, welches Land deine Einkünfte  besteuern darf – also wer am Ende wirklich Anspruch auf deine Steuern hat.

In Kanada hängt deine Steuerpflicht davon ab, ob du als “resident” oder “non-resident” eingestuft wirst. Das wird individuell entschieden. Dabei schaut man u.a. auf Dinge wie:

  • hast du Bindungen in Kanada (residential ties)?
  • wie lange und warum hältst du dich dort auf?
  • wie stark sind deine Bindungen zu deinem Heimatland?

All diese Faktoren zusammen bestimmen, wie Kanada dich steuerlich behandelt.

Um herauszufinden, ob du in Kanada steuerlich als “resident” oder “non-resident” giltst, schaut die kanadische Steuerbehörde sich alle wichtigen Faktoren deines Aufenthalts an. Dabei unterscheidet sie zwischen zwei Arten von Verbindungen zu Kanada: primäre und sekundäre Wohnverbindungen.

Kurz gesagt: Je stärker deine Bindungen zu Kanada sind, desto eher wirst du als “tax resident” eingestuft.

1. Primäre Wohnverbindungen zu Kanada:

  • Wohnung in Kanada
  • Lebenspartner in Kanada
  • Kinder in Kanada

2. Sekundäre Wohnverbindungen zu Kanada:

  • persönliches Eigentum in Kanada, wie zum Beispiel Möbel oder Kleidung;
  • soziale Bindungen in Kanada, wie z.B. Mitgliedschaften in kanadischen Sportgemeinschaften;
  • kanadische Bankkonten oder Kreditkarten;
  • kanadischer Führerschein;
  • ein in Kanada zugelassenes Fahrzeug;
  • einen kanadischen Pass;
  • Krankenversicherung mit einer kanadischen Provinz oder Territorium.

Wer sich das ganze “Income Tax Folio S5-F1-C1” anschauen und durchlesen möchte…. > hier <

Eine Vereinfachung für Work and Traveller > hier

Es kann passieren, dass du in mehr als einem Land als „resident“ giltst – man nennt das „dual resident“. In solchen Fällen könnte es sein, dass du theoretisch in beiden Ländern eine Steuererklärung abgeben musst.

Damit es nicht zu doppelter Besteuerung kommt, hat Kanada im Doppelbesteuerungsabkommen die sogenannten Tie-Breaker Rules (Kollisionsregeln) festgelegt. Diese greifen immer dann, wenn du in beiden Ländern als steuerlich ansässig eingestuft wirst.

Bei diesen Tie-Breaker Rules schaut man verschiedene Faktoren an, um zu klären, in welchem Land du wirklich „zu Hause“ bist – also wo du unbeschränkt einkommensteuerpflichtig bist.

Die Faktoren werden in genau der unten genannten Reihenfolge geprüft. Sobald ein Punkt eindeutig ist, steht fest, in welchem Land du steuerlich ansässig bist. Die restlichen Punkte muss man dann nicht mehr prüfen.

Begriffserklärung für die Zitate aus dem Abkommen: „ansässig“ = unbeschränkt steuerpflichtig = tax resident

1. Ständiger Wohnsitz - wo ist dein Zuhause?

Grundsätzlich gilt in Deutschland nach §1 EStG:

“Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.”

Im Artikel 4, (2) a) des Doppelbesteuerungsabkommens steht:

Die Person gilt nur als in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt;

Heißt ganz simpel: Du hast eine Wohnung, die dir gehört oder die du mietest, und die du jederzeit nutzen kannst.

Übersetzt in Backpacker-Sprache: Wenn du Deutschland verlässt und

  • deine Wohnung komplett aufgibst,
  • den Mietvertrag kündigst oder
  • sie untervermietest,

dann hast du in Deutschland keinen Wohnsitz mehr, weil du nicht jederzeit dorthin zurück könntest.
Damit bist du in Deutschland nur noch beschränkt steuerpflichtig. Du zahlst dann nur Steuern auf Geld, das du wirklich in Deutschland verdienst. Dafür gibt’s eine extra Steuererklärung.

Alles, was du außerhalb Deutschlands verdient hast, wird in Deutschland nicht besteuert, beeinflusst aber deinen Steuersatz (Progressionsvorbehalt).

Wichtig:
Ob du dich beim Einwohnermeldeamt abmeldest oder nicht, spielt steuerlich keine Rolle. Die Abmeldung ersetzt nicht den Nachweis, dass du wirklich keinen Wohnsitz mehr hast. Und: Ein Zweitwohnsitz zählt genauso wie ein Erstwohnsitz.

2. Mittelpunkt der Lebensinteressen - persönliche Bindungen zählen

Im Art. 4, (2) a) im Doppelbesteuerungsabkommen steht weiter:

…verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie nur als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen)

Wenn du in zwei Ländern einen festen Wohnsitz hast, schaut man als Nächstes darauf, wo dein Lebensmittelpunkt liegt. Heißt: In welchem Land hast du die stärkeren persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verbindungen?

Kurz gesagt:
Dein Lebensmittelpunkt ist dort, wo Familie, Freunde, Arbeit und soziale Kontakte sind.

3. Gewöhnlicher Aufenthalt - mehr als 6 Monate im Jahr

Im Art. 4, (2) b) vom Doppelbesteuerungsabkommen steht:

Kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie nur als in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Auch ein Zitat aus dem §9 Abgabenordnung:

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; […]

Wenn du in keinem Land einen festen Wohnsitz hast, oder nicht bestimmt werden kann, wo dein Lebensmittelpunkt ist, kommt der gewöhnliche Aufenthalt ins Spiel.

Das bedeutet: Du bist dort steuerpflichtig, wo du mehr als 6 Monate (183 Tage) im Jahr bist. Du brauchst dafür keine Wohnung oder Mietvertrag – es reicht, dass du dich tatsächlich im Land aufhältst.

Beispiel:
Du bist in Kanada unterwegs, hast keine feste Wohnung, schläfst 9 Monate im Auto, Hostel oder Hotel?
Dann zählt Kanada als dein gewöhnlicher Aufenthalt. 

4. Staatsangehörigkeit - dein Reisepass entscheidet

Im Art. 4, (2) c) im Doppelbesteuerungsabkommen steht:

Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie nur als in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;

Meistens weiß man schon nach dem gewöhnlichen Aufenthaltstest, wo man voll steuerpflichtig ist.

Aber:
Wenn nach allen Tests (Wohnsitz, Lebensmittelpunkt, gewöhnlicher Aufenthalt) immer noch Unklarheit besteht, entscheidet die Staatsangehörigkeit. Heißt: Du bist in dem Land steuerlich ansässig, dessen Reisepass du hast.

5. Zuständige Behörden - nur im Extremfall

Im Art. 4, (2) d) im Doppelbesteuerungsabkommen steht:

ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so regeln die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Frage in gegenseitigem Einvernehmen.

Für die meisten Work and Traveller ist das gar nicht nötig, aber der Vollständigkeit halber:

Wenn du zwei Staatsbürgerschaften hast und es dadurch immer noch unklar ist, wo du steuerlich ansässig bist, entscheiden die zuständigen Steuerbehörden. Die beiden Länder versuchen dann, gemeinsam eine Lösung zu finden, damit klar ist, in welchem Land du wirklich steuerpflichtig bist.

Steuerliche Situation für Work and Traveller: Entscheidungsbeispiel

Als typischer Work and Traveller in Kanada reicht meistens schon ein Blick auf die ersten drei Punkte, um zu wissen, wo du steuerpflichtig bist – also wo du dein gesamtes Welteinkommen versteuern musst:

  1. Wohnsitz:
    • Wohnung in Deutschland gekündigt, Möbel und Auto verkauft → kein fester Wohnsitz mehr in Deutschland.
  2. Mittelpunkt der Lebensinteressen:
    • Auto in Kanada gekauft, Bankkonto eröffnet, erste soziale Kontakte aufgebaut → Lebensmittelpunkt in Kanada.
  3. Gewöhnlicher Aufenthalt:
    • Mehr als 6 Monate in Kanada unterwegs.
  4. Staatsangehörigkeit:
    • würde nur greifen, wenn vorherige Punkte unklar wären.

Ergebnis:
Für dich als Work and Traveller bedeutet das: Du bist in Kanada als resident steuerpflichtig und musst dort dein Welteinkommen versteuern. Deutschland bleibt nur noch für eventuell vorhandene Einkünfte in Deutschland relevant (beschränkte Steuerpflicht).

Das gesamte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Kanada kannst du auch auf der Seite des Bundesministeriums der Finanzen herunterladen. 

Gib dort den Suchbegriff „Doppelbesteuerungsabkommen Kanada“ ein. Oder hier als PDF